(von Pia Fridhill) Im Jahr 2002 begannen unsere musikalische Karriere, unsere Ehe und unser Songwriting-Lernprozess. Wir hatten den britischen Blues- und Jazz-Veteran John C. Marshall getroffen, waren nach Köln gezogen und begannen - in unserer Dachgeschoßwohnung - Songs zu schreiben. Als wir beschlossen, ein Album aufzunehmen, war es John, der uns mit all den Dingen half, von denen wir keine Ahnung hatten: vor allem, die Musik so aufzuschreiben, dass die Bandmitglieder wussten, was, wann und in welcher Reihenfolge sie spielen sollten.
Jens und ich waren blutige Anfänger, Amateure. Amateur, vom Französischen ‚amateur‘: „einer, der liebt, Liebhaber, jemand, der Kunst liebt, aber sie nicht praktiziert“ – doch nun fingen wir an zu lernen und zu üben, und schätzten John als unseren Mentor. Für meine schwedischen Ohren klangen seine Erzählungen über „them times“, als er mit Aretha Franklin, Ray Charles und Rosa King spielte, manchmal wie Angeberei und Übertreibung. Ich glaubte sie erst, als er mir eines Tages ein YouTube-Video schickte, in dem er die Leadgitarre in Ray Charles‘ Band spielte – das brachte mich auf den Boden der Tatsachen. John wusste, was er tat und er verstand sich bestens auf dieses wunderbare, gefühlvolle Wesen namens Musik.
Ich sehe ihn vor mir, wie er an unserem Frühstückstisch in der Sonne sitzt und die Noten für einen neuen Song aufschreibt. Jens sagt, er habe dieses Stück in fünf Minuten geschrieben, etwas, das nur passiert, wenn alles in einem perfekten Flow zusammenkommt, als ob der Song schon vorher da war und du nur genau genug hinhören musstest, um ihn aus der Luft zu fischen. Jens nannte ihn „Breakfast On The Roof“, ein leichter, sommerlicher Pop-Song mit einem eingängigen Refrain, den er auch lange Zeit selbst gesungen hat.
John, ein typischer 70er Jahre R&B Mann, schrieb ein Blechbläser-Arrangement für einen Teil des Songs. Er schrieb Noten und Tabulaturen immer per Hand und seine Art zu schreiben kam uns bekannt vor. Also fragte Jens, wie er es geschafft hatte, die typische Handschrift von „Real Jazz Book“ aufwendig zu lernen. John lachte und sagte: „Ich habe die originalen „Real Jazz Books“ geschrieben, SIE tragen MEINE Handschrift!“. Nach einem YouTube-Video glaube ich diese Geschichte nun auch.
Das Album „Breakfast On The Roof“ erschien im Herbst 2002. Einige renommierte Musiker waren daran beteiligt: Xaver Fischer an Hammond, Wurlitzer und Rhodes, Jupp Götz Backing Vocals und Cajon, Max Schaaf am Bass, Nadja Schubert mit der Tin-Whistle und John C. Marshall höchstpersönlich an der Gitarre. Den Bläser-Part übernahmen zwei niederländische Musiker, Jos Wetzels an der Trompete und Ruud Steegers an der Posaune sowie der wunderbare Saxofonist Ralf Bazzanella oder „Bazzer“, wie John ihn immer nannte. Insgesamt waren wir zehn Leute auf der CD – eine ganze Menge Liebe!
Von allen Songs, die wir in den folgenden Jahren schrieben, stach „Breakfast On The Roof“ als Nummer-Eins-Hitsong hervor. Leute aus dem Publikum behaupteten sogar, sie hätten den Refrain noch am Morgen nach unserem Konzert im Ohr gehabt, was ein gutes Zeichen für die Hitqualität eines Song ist, denke ich. Wir erzählen dem Publikum scherzhaft, dass dies der geheimste Hit aller Zeiten ist: „…seit über fünfzehn Jahren ein Hit!“
Also dachten wir „Wieso eigentlich nicht? Lasst es uns nochmal aufnehmen und sehen, was passiert.“ Stefan Michalke arrangierte den Song neu, ich übernahm diesmal den Gesang und die ganze Nummer war neu geboren mit einem entspannten Kalifornien-Easy-Going-Sound, wobei das ursprüngliche 70er Jahre-Feeling beibehalten wurde. Nach fünfzehn Jahren, in denen wir immer in den kleinstmöglichen Formationen spielten, um die Kosten gering zu halten, und in denen wir das Konzept von Kammermusik perfektionierten, also das meiste aus den wenigen verfügbaren Instrumenten herauszuholen, sehen Jens und ich uns nun wieder da, wo alles begann – mit einer großen Band mit großem Sound! Es macht Spaß und beglückt, wieder die Kraft und den üppigen Klang einer „richtigen“ Band zu spüren und zu hören. Genießt die beiden Versionen hier.